Montag, 16. Februar 2009
Da bist du auf dem Holzweg - unterwegs auf dem Overland Track in Tasmanien
Tasmanien - alleine der Name klingt nach Wildnis, Einsamkeit und Gefahr, und in der Tat leben noch einige der gleichnamigen "Teufel" auf der größten Insel Australiens.
Im Kopf diese Vorstellungen und im Rucksack Zelt, Isomatte, Schlafsack und Proviant für eine Woche Selbstversorgung war der Einstieg in den Wanderweg eine herbe Enttäuschung. Ein vollbesetzter, klimatisierter Reisebus setzte uns nach zweistündiger Fahrt am Besucherzentrum des Craddle Mountain Nationalparks ab. Wir gerieten umgehend in die Klauen einer routinierten Organisation: Wandergenehmigung, Nationalparkgebühr, erneuter Bustransport, schlichte Erscheinungsformen des Massentourismus. Die ersten Kilometer legten wir auf gut ausgeschilderten, bequemen Holzwegen zurück, auf denen eine Betriebsamkeit herrschte wie auf dem Haardgrenzweg am Sonntagnachmittag. Abenteuer, Einsamkeit und Wildnis?
Da waren wir wohl auf dem Holzweg!
Das gefiel uns gar nicht. Trotzig bogen wir nach einem kurzen Studium der Wanderkarte an der Kitchen Hut nach links ab, um dem Strom der Massen zu entfliehen. Diese Entscheidung bescherte uns nicht nur eine äußerst kalte und einsame Nacht in einer Notfallunterkunkft, sondern auch einen strapaziösen Ab- und Aufstieg mit nachfolgendem Überlastungsschmerz in Sabines rechtem Knie.
Geläutert begaben wir uns auf den rechten Pfad zurück, der sich im Laufe der Tage als äußerst abwechlungsreich darstellen sollte. Die Ausblicke über die von Gebirgsketten eingerahmten Hochmoore sind teilweise derart spektakulär, dass wir der Versuchung eines Fotostopps nur selten widerstehen konnten. Nicht nur dadurch verringerte sich unsere Wandergeschwindigkeit. In den dichten Wäldern bemühen sich glitschige Baumwurzeln und Schlammlöcher eifrig darum den Wanderer zu Fall zu bringen. Trockene Wegabschnitte sind stets mit Felsbrocken unterschiedlicher Größe übersät, die das Vorankommen ebenfalls erheblich erschweren. Bereits nach zwei Tagen erfüllte uns eine große Vorfreude beim Anblick eines ebenen Holzweges, der sich vor uns wie eine einladende Rennstrecke über morastigem Grund in die Ferne ausdehnte.
Die Übernachtungen in den sehr einfachen Holzhütten stellten sich durch interessante Gespräche mit Wanderern aus aller Welt als anregend heraus. Tagsüber verteilten sich die ca 20 Wanderer auf dem Weg, und Tagesausflügler ließen sich nicht mehr blicken.
Es wurde immer besser. Selbst die anfänglich vermisste Atmosphäre von Abenteuer und Wildnis flackerte bei der ersten Begegnung mit einer bis zu zwei Meter langen Tiger Snake auf. Der Biss dieser Schlange kann tödlich enden, weshalb dringend von einer Verfolgung jenseits des Weges abgeraten wird. Andererseits fängt das Adrenalin doch hier erst so richtig an zu kreisen, und ein Foto ist schließlich das schönste Souvenir.
Von den vielen, bei uns völlig unbekannten Tieren, haben sich immerhin etliche Wallabies, Quolls und ein Echidna (s. Foto) blicken lassen. Den berühmten Wombat haben wir vergeblich gesucht, und der Tasmanische Teufel lässt sich eher als platt gewalzter Überrest auf dem schwarzen Asphalt der Straße finden als lebendig in seinem eigentlichen Lebensraum. Eine Seuche macht ihm gerade zu schaffen und er wird wohl dem Schicksal des Tasmanischen Tigers folgen, äußerst bedauerlich.
Entbehrung macht wohl offensichtlich genügsam. Die aus Melbourne mitgebrachten Mahlzeiten aus der Vakuumtüte schmeckten von Tag zu Tag besser und der Morgenkaffee war zumindest heiß. In diesem Punkt war unsere Vorbereitung annähernd perfekt gelungen. Wir merkten aber rasch, dass die sogenannten side trips, etwa der Mount Oakleigh, der Mount Ossa (1617 m, höchster Berg Tasmaniens) sowie diverse Wasserfälle nicht nur äußerst attraktiv erschienen, sondern auch Zeit beanspruchten, über die wir in unserer Planung nicht verfügten. 5,5 Stunden haben wir am Ende doch noch gewinnen können, indem wir dem Ratschlag eines Rangers gefolgt sind und die Fähre über den Lake St. Clair genommen haben anstelle des 17 km langen, schattigen, wurzelstolperigen Waldweges.
Im Kopf tragen wir nun viele an- und aufregende Erinnerungen und im Rucksack neben der kompletten Campingausrüstung noch eine vakuumverpackte Mahlzeit. Diese wollen wir in der nächsten Woche an der Great Ocean Road mit unserer 22jährigen Tochter Kira verspeisen, die uns in den nächsten 41 Tagen auf unserer Abenteuerreise in Australien begleiten wird.
Nachtrag 1:
Für die vielen Glückwünsche per email hier nochmals vielen Dank. Alle haben mir einen tollen Tag gewünscht, und er war in der Tat außergewöhnlich. Am Morgen habe ich mich über sechs alte Stückchen Schokolade, ein Teelicht, eine Geburtstagskarte und drei -briefe sowie ein sehr emotional vorgetragenes Geburtstagslied freuen dürfen. Gegen 11 Uhr waren meine Finger wieder aufgetaut. Um 15 Uhr habe ich mir den Ausblick vom Gipfel des Mount Ossa selber zum Geschenk gemacht. Leider konnte mich Sabine aufgrund ihrer Knieschmerzen nicht begleiten (es geht ihr heute wieder gut). Am Abend haben wir in japanischer, französicher, schottischer, englischer, australischer und deutscher Sprache bei Kerzenlicht und einem Schluck japanischen Weißweins (süßer als Honig) diverse Lieder gesungen. Die Nacht begann und endete früh.
Nachtrag 2, ausschließlich (der Text ist ja mal wieder eh zu lang) für Wanderlustige, die den Overland Track in Tasmanien in Angriff nehmen wollen:
* Der Wanderweg ist hier sehr bekannt und beliebt. Die Teilnehmerzahl wird begrenzt. Rechtzeitige Buchung, am besten ein Jahr im Voraus, ist dringend erforderlich.
* Von Melbourne aus kann man mit der Autofähre (Spirit of Tasmania, fährt täglich, Dauer 8 Std.) oder mit dem Flugzeug nach Devenport (Norden) oder Hobart (Südosten) gelangen. Fliegen ist in Australien recht günstig. Rechtzeitige Buchung reduziert den Preis.
* Tassielink ist das größte Transportunternehmen, das die Anreise zum Ausgangs- und Endpunkt organisiert. Die Fahrzeiten sind teilweise recht ungünstig und nicht variabel. Bei der Planung sollte man sich unbedingt nach den Fahrzeiten erkundigen.
* Auf Tasmanien gibt es etliche backpacker hostels sowie Privatpensionen (wir empfehlen: behind the green door). Die meisten sind relativ günstig und bieten auch kleine Zweibettzimmer an (im hoastel ca 20 - 25 Euro pro Person).
* Von Dezember bis März ist das Wetter auf Tasmanien relativ warm und trocken. Da Tasmanien recht nahe an der Antarktis liegt, kann es jederzeit frostig werden und auch im Sommer fällt mitunter Schnee.
* Auch wenn die 74 km (im hiesigen Sommer nur von Norden nach Süden möglich) gut in sechs Tagen zu schaffen sind, sollten für die sidetrips unbedingt zwei bis drei Tage mehr eingeplant werden.
* Die New Pelion Hut ist für uns die schönste Hütte auf dem Overland Track. Von hier aus lässt sich der Mount Oakleigh gut als Tageswanderung machen.
* Insbesondere Hobart gilt als sehenswerte Stadt. Wir finden, das dies für den Großteil der Stadt nicht stimmt, rund um den Hafen jedoch lassen sich ältere, reizvolle Gebäude sowie eine grüne Parkanlage finden. Nicht versäumen sollte man einen Besuch des in Hafennähe befindlichen Royal Tennis Court. Die Tür ist für Interessierte geöffnet, und wenn man Glück hat, kann man von einer Zuschauerbank aus dem königlichen Spiel beiwohnen, das eine Mischung aus Squash und Tennis darstellt.
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4 Kommentare:
Ihr Lieben -
hier meldet sich China! Habe soeben euren Blog "wiedergefunden" und möchte euch gern direkter ansprechen. Sendet mir bitte eure eMail-Adresse an krohnisch@googlemail.com
Grüße von Frank & Co. aus Changchun / China
Hallo ihr lieben tasmanischen teufel,es ist schön zu hören dass ihr immer noch viell spass bei euern Unternehmungen habt. Hier ist soweit alles in ordnung, das wetter lässt jedoch zu wünschen übrig.
Grüßt mir die Sonne und haltet euch vom feuer fern.
euer Janis
Good dai maits, wie war Tasmanien u. wo seid Ihr denn jetzt so? Haben Kira gerade nachtraeglich gratuliert u. feiern heute Kindergeburtstag mit Omi Hilde zu Besuch.
Liebe Gruesse von den Eddersheimern
Hallo Outbacker,
Wie es Euch wohl geht? Ich war vorgestern auch dort mit dem WDR im "Wilden Australien" und habe eine Menge über Australien erfahren. Werde Euch abfragen. In Realiter wäre mir das doch wohl alles zu anstrengend. Ich wünsche Euch noch eine schöne Zeit. Bis zum nächsten Bericht Tschüss Mutschko-Minja
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