Mittwoch, 15. April 2009
Walhaimat
Der größte, bis zu 13m lange Fisch der Welt, Vagabund der Weltmeere, hat seine Walhaimat in den Monaten April, Mai und Juni an der Nordspitze der australischen Westküste. Zur Nahrungsaufnahme kommt er regelmäßig an die Wasseroberfläche. Wenn seine Rückenflosse dabei durchs Wasser pflügt, könnte man spontan an einen gefaehrlichen Weißen Hai denken. Aber erstens ist das extrem breite Maul ausschließlich zur Aufnahme von Kleinstlebewesen, etwa Zooplankton und Krill konzipiert und zweitens wird nur äußerst selten ein einzelner Schwimmer auf dieses wunderbare Lebewesen treffen.
Gestern waren wir gemeinsam mit 64 anderen Leuten, verteilt auf drei Booten und sechs Kleingruppen unterwegs auf der Jagd nach einer Begegnung der besonderen Art. Die Umwelt- und Naturschutzbehörde gibt hierzu bestimmte Regeln vor, etwa dass der Hai nicht berührt werden darf, ein Mindestabstand von drei Metern eingehalten werden muss, nicht vor, über oder unter ihm geschwommen oder getaucht werden darf und nicht mehr als elf Personen gleichzeitig neben ihm unterhalb der Höhe seiner Brustflosse schwimmen dürfen. Klingt kompliziert und kann im Ernstfall auch selten voll und ganz realisiert werden, wie das mit Regeln eben so ist.
Ein Teil der 190 Euro, die der Spaß pro Person kostet, geht an die gleiche Behörde, damit der Einfluss des Tourismus auf den Walhai erforscht und sein Überleben gesichert werden kann.
Der umgekehrte Einfluss des Walhais auf den Tourismus lässt sich leicht daran ablesen, dass hier in Exmouth insgesamt fünf Unternehmen gut davon leben können.
Abenteuerreisende bevorzugen naturgemäß Einsamkeit und Wildnis und stehen dem Massentourismus generell kritisch gegenüber. Wenn man aber weiß, dass der Walhai trotz seines minderwertigen Fleisches andernorts getötet wird, so dass sein Überleben mittlerweile gefährdet erscheint, fällt bereits ein anderes Licht auf die Angelegenheit und das investierte Geld scheint gut angelegt.
Wir hatten großes Glück. An unserem grossen Tag sichtete das Begleitflugzeug direkt nacheinander vier verschiedene Walhaie. Kaum waren wir aus dem Wasser, ging es auch schon gleich wieder los. Die Begegnungen waren jedes Mal ein wenig anders geartet. Normalerweise schwimmt der Walhai schnurstracks geradeaus und die 6 Kleingruppen mit den leitenden Führungsschwimmern wechseln sich gegenseitig ab. Auf diese Weise kommt jede Gruppe ca 5 min in den Genuss der Schwimmbegleitung, ausgestattet mit Neoprenanzug, Taucherbrille, Schnorchel und Flossen. Bis auf den dritten Hai verhielten sich alle übrigen normal, von Unterschieden in der Schwimmgeschwindigkeit und Tauchtiefe mal abgesehen. Der dritte Hai jedoch wechselte ständig seine Richtung, was dazu führte, dass er urplötzlich direkt auf mich zuschwamm, ohne dass ich hätte ausweichen können. Ich steckte meinen Kopf ins Wasser und dieser riesige Fisch zog in Reichweite meiner Hand seelenruhig an mir vorbei. Ich blickte in eines seiner kleinen Augen und hatte das Gefühl, er wolle mir etwas mitteilen. Es war ein magischer Augenblick.
Nach einem unspektakulären Tauchgang, einem leckeren Mittagessen auf dem schaukelnden Boot sowie einem abschließenden Schnorchelerlebnis ging es zurück an Land.
Ein weiterer Höhepunkt unserer Reise, am Ostersonntag auf der Suche nach einem riesigen (H)ei, liegt nun hinter uns und der Abschied vom Unterwegssein in der fremden Welt rückt langsam näher.
Noch schnell ein paar Hinweise zu den Fotos:
Ja, das ist Sabine mit einer Schildkroete, und der Hai auf dem vorletzten Foto ist kein von oben fotografierter Walhai, sondern ein White Tip Reef Shark, der nur sehr selten an netten Menschen herumknabbert - also, keine Sorgen machen, liebste Schwiegermutter -, und auf dem letzten Foto, aufgenommen in einer tollen Vollmondnacht, sieht man neben uns ein "neues" Auto: „Miss Fitty“.
Der alte „Wheely“ ist uns hier in der Nähe, mitten in der sonnenüberfluteten Wildnis und 90 km entfernt von der naechsten Werkstatt liegen geblieben, was neben einigen erhitzten Gemütern auch eine interessante Geschichte mit sich brachte, die wir vielleicht irgendwann, irgendwo erzählen werden.
So, und nun zum Abschluss noch'n Ostergedicht für meine liebste Schwiegermutter:
Ach, du dickes (H)ei
Groß ist dein Körper, grau und hell gepunktet überall
Im Reich der Fische eine Majestät, ein Sonderfall
Seelenruhe, Langsamkeit, Wunder der Natur
Du bist stets ohne Hast dem Plankton auf der Spur
Dein breites Maul ist riesig, deine Augen winzig klein
Viele Menschen hier wollen gern in deiner Nähe sein
Stern des weiten Wassers, lebendes Fossil
Die Münzen für dein Leben erreichen hoffentlich ihr Ziel
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1 Kommentar:
Das ist ja der Wahnsinn da kann man ja richtig neidisch werden. ihr müsst mir zuhause mal ausführlich berichten und genießt die letzten verbleibenden Wochen.Janis
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